In 15 Städten findet Kein Schlussstrich! statt. Es sind 15 Orte, in denen der sogenannte NSU Geschwister, Kinder, Freund:innen und Väter ermordete, und/oder sich auf die Unterstützung wie Mitwirkung seinesgleichen verlassen konnte. Es sind 15 Mal offene Wunden und offene Fragen. Es sind 15 Stadtgesellschaften mit Traditionen, Nachbarschaften, Lokalzeitungen, Vereinen, politischen Institutionen und Legenden. Es sind 15 Historien rassistischer und antisemitischer Gewalt, die schon lange vor dem NSU-Komplex stattfand und weiterhin geschieht. Dabei gibt es in jeder Stadt Personen und Initiativen, die sich mit beeindruckendem
Engagement der rechten Gewalt entgegenstellen, die Gedenktage organisieren, die Erinnerung wachhalten und Aufklärung einfordern. Zu selten erfahren sie die Anerkennung einer breiten Öffentlichkeit oder einer Lokalpolitik, die teilweise eben jenes Gedenken lange nicht prioritär behandeln wollte – sei es aus Sorge um den Ruf ihrer Stadt, sei es aus Ignoranz oder aus anderen zu erfragenden Gründen. In ihrem Zusammenspiel aus Geschichte und Gegenwart, Zivilgesellschaft und Politik ist jede beteiligte Stadt einzigartig. Erinnerungspraxis sowie das Ringen um die „richtige“ Form von Gedenken sind vielfältig. Die Schauspielerin, Aktivistin und Kabarettistin İdil Baydar reist zu den Schlüsselorten des NSU-Komplexes, um zwischen Kunst, Diskurs und Aktivismus eine erinnerungskulturelle Bestandsaufnahme zu machen. Sie befragt Vertreter: innen aus Zivilgesellschaft und öffentlichen Institutionen, wie vor Ort und in der Region Gedenken praktiziert und Aufarbeitung gelebt werden. Die eingeladenen Gäste und thematischen Bögen der Gespräche sind dabei
so individuell wie die beteiligte Stadt. Der NSU-Komplex „passierte“ nicht im leeren Raum. Tatorte, Verstecke und Denkmäler sind eingebettet in städtische Geschichte. İdil Baydar sucht die ortsspezifischen Antworten auf grundlegende Fragen:
Wie übernehmen Stadtpolitik und -gesellschaft Verantwortung?
Wer setzt sich für Aufarbeitung ein?
Wessen Erinnerung zählt?