2021 jährt sich der Nagelbomben-Anschlag, der die Keupstraße 2004 erschütterte zum 17. Mal. Die Bomben verletzten 22 Menschen stark, mehrere lebensgefährlich. Im Anschluss wurde jahrelang ausschließlich im Anwohner:innenkreis ermittelt. Opfer und Angehörige des Anschlages wurden als potentielle Täter:innen stigmatisiert. Hinweise darauf, dass der Anschlag rassistisch motiviert sei, wurden von Seiten der polizeilichen Ermittler:innen zum Teil aktiv verschleiert. Der Regisseur Nuran David Calis erarbeitete 2014 gemeinsam mit drei Anwohner:innen und drei Ensemble-Schauspieler:innen das Stück DIE LÜCKE, um die Menschen, deren Leben der Anschlag zutiefst erschüttert und verändert hatte, zu Wort kommen zu lassen. Bei der Premiere der LÜCKE hatte der Gerichtsprozess gegen die Mitglieder des sog. Nationalsozialistischen Untergrundes in München gerade erst begonnen. Er sollte insgesamt fünf Jahre dauern und mit einem für die Angehörigen der Opfer niederschmetternden Urteil enden, denn viele Mitangeklagte kamen mit sehr geringen Strafen davon und waren teilweise gleich nach Prozessende wieder auf freiem Fuß. Auch bei dem im vergangenen Frühjahr veröffentlichten Schuldspruch beklagten die Anwäl:tinnen der Mordopfer, dass das Gericht verpasst hätte ihnen ein Gesicht zu geben.
In DIE LÜCKE 2.0, eine Bearbeitung der ursprünglichen Inszenierung, werden nach sieben Jahren die drei Betroffenen aus der Keupstraße erneut befragt. Wie nehmen sie das NSU-Gerichtsurteil und den Schuldspruch wahr? Wie ist der aktuelle Stand bezüglich des Mahnmals, dem sich immer noch in Planung befindenden Erinnerungs- und Lernortes in Keupstraßen-Nähe? Und wie lässt es sich in Deutschland nach den Anschlägen in Halle, Hanau, Chemnitz und Kassel leben?